Schwarzstorch: Schwarz, scheu und selten

Ein seltener und zurückgezogen lebender Waldvogel ist der Schwarzstorch (Ciconia nigra). Im Gegensatz zu seinem weißen Verwandten meidet er die trubelige Menschennähe und sucht die Ruhe und Abgeschiedenheit der Wälder. Mit dem schwarzen und metallisch grün-violett glänzenden Gefieder, roten Beinen, Schnabel und Augenringen und weißem Bauch ist er unverwechselbar. Klappern gehört bei ihm nicht zum Handwerk: Im Gegensatz zum Weißstorch klappern Schwarzstörche nur selten. Mit 150 Zentimetern Spannweite sind sie exzellente Segelflieger über dem Brutrevier und auf ihren Wanderungen. Diese führen den Langstreckenzieher im Winter bis ins tropische West- und Ostafrika. Meistens beginnt ihre Reise im September einen Monat nach den Weißstörchen.

Gebrütet wird auf Felsen und in großen Nestern auf hohen Bäumen, an denen die empfindlichen Vögel keinesfalls gestört werden dürfen. Ab Mai liegen bei einer Jahresbrut drei bis fünf Eier im Nest. Die Nahrung wird an und in Gewässern gesucht, denn sie besteht vor allem aus Wasserinsekten, aber auch aus Amphibien und kleinen Fischen. Ideale Lebensräume bestehen aus weitläufigen Mischwäldern in Verbindung mit Gewässern, feuchten Tälern und Wiesen, denn nass muss es auf jeden Fall auch sein. Da solche Bedingungen nicht überall gegeben sind, sind Schwarzstörche mit bundesweit knapp 1000 Paaren selten und vor allem in den Mittelgebirgen anzutreffende Brutvögel. Sie sind besonders geschützt und gelten in Deutschland als nicht gefährdet. Trotz Störungen, Pestiziden, Tod an Stromleitungen und Bejagung auf dem Zug zeigen Schwarzstörche dank internationaler Schutzbemühungen einen erfreulich positiven Bestandstrend. Die etwa 50 Brutpaare in Baden-Württemberg leben in waldreichen Gebieten wie dem Naturpark Stromberg-Heuchelberg. Wenn im August die Jungstörche nach einem Monat Brut- und zwei Monaten Nestlingszeit das Nest verlassen und im September der Herbstzug beginnt, lohnt sich ein Blick auf Wiesen und in den Himmel. Dann kann man mit etwas Glück gelegentlich den charismatischen Storch leicht und störungsfrei bei der Nahrungssuche beobachten oder beim eleganten Überflug entdecken, manchmal sogar in Gesellschaft mit seinen weißen Verwandten.
 

Dr Stefan Bosch